„Todesduell“ ist die vielleicht berühmteste Predigt der Welt, gehalten von dem wortgewaltigen metaphysischen Dichter John Donne, im Beisein von König Charles I. im Jahr 1631. Es sind John Donnes letzte öffentlich gesprochene Worte vor seinem Tod und ewigen Verstummen. Von schwerer Krankheit gezeichnet, beschreibt er, der Poet und Prediger von St. Paul’s in London, das Leben als Duell mit dem Tod und erreicht dabei eine Tiefe und Eindringlichkeit, die über jede Predigt hinausgeht. Sein Text ist eine Explosion. Wahr, erschütternd, schonungslos im Blick auf die Vergänglichkeit des Lebens und zugleich von einer Kraft und Hoffnung, die den Tod übersteigt. In John Donnes „Todesduell“ gewinnt das Leben.
Wie in seiner Auseinandersetzung mit „Judas“, die im Berliner Dom ihren Anfang nahm, um in einer beispiellosen Serie von Aufführungen über eine Viertelmillion Zuschauer zu begeistern, geht es Ben Becker im „Todesduell“ um die letzten Fragen. Beckers „Judas“ war die Rechtfertigung und Rehabilitation einer zu Unrecht verfemten Figur, gegen alle Vorurteile und Feindseligkeiten. „Todesduell“ geht noch einen Schritt weiter: Es ist der Kampf gegen die Vorurteile über den Tod und für einen veränderten Blick auf die Bedeutung des Lebens.
„Ben Becker feierte mit Texten von Kafka oder aus der Bibel Erfolge. Nun liest er Joseph Roth. Der Abend ist ein Ereignis.“
– Patrick Wildermann, Tagespiegel
„Becker verinnerlicht diese Texte, saugt sie auf, trinkt sie förmlich, um im Bild zu bleiben. …Am Ende frenetischer Beifall für diese One-Man-Performance. Da wird dann als letztes Bild im Hintergrund ein Porträt von Joseph Roth eingeblendet. Becker dreht sich um und verbeugt sich davor. Dann reckt er die rechte Faust. Zwei Kämpfer, zwei Seelenverwandte.“
– Peter Zander, Berliner Morgenpost
Warum Joseph Roth?
Nicht nur die Erfahrung künstlerischer Isolation während der Pandemie, sondern auch das bedrohliche politische Klima im Europa unserer Tage sind für Ben Becker Anlass genug, den genialen Schriftsteller Joseph Roth in den Blickpunkt zu rücken. Nach seinem Programm BEN BECKER – APOKALYPSE, in dem er anhand von Joseph Conrads „Herz der Finsternis“ die Isolation des Einzelnen im Angesicht des menschlichen Abgrunds auslotet, widmet sich Ben Becker nun dem legendären Exilautor Joseph Roth, der so viele Widersprüche in sich vereint: heiliger Trinker und hoffnungsloser Schnorrer, österreichischer Jude und Boheme-Gestalt des Berliner Nachtlebens, abgebrannter Exilant und einer der größten Erzähler des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum steht dabei nicht nur der einzigartige Autor, sondern vor allem auch der Mensch Joseph Roth, der sich den politischen Katastrophen seiner Zeit schutzlos ausgeliefert sieht.
Die Legende vom heiligen Trinker
Im ersten Teil des Abends liest Ben Becker Joseph Roth im Originalton und gibt der unvergesslichen Schlüsselerzählung „Die Legende vom heiligen Trinker“ seine Stimme, einer abgründigen wie berührenden Geschichte aus Roths letzten Jahren im Pariser Exil.
Der heilige Trinker
In der zweiten Hälfte nähert er sich ihm über den freundschaftlichen Bericht des Zeitgenossen: Géza von Cziffra zeichnet in seinem Erinnerungsbuch „Der heilige Trinker“ ein lebensechtes Portrait Joseph Roths sowohl vor dem Hintergrund der gemeinsamen trunkenen Berliner Nächte als auch im reißenden Strom des Exils. Beide Teile ergeben in der Zusammenführung ihrer Fluchtlinien ein verblüffendes, vielschichtiges und lebendiges Porträt des Künstlers im Exil, das auf überraschende und erschreckende Weise auch die heutige Zeit widerspiegelt.
„Große, intelligente Schauspielkunst.“
- WAZ Bochum
„Virtuos vorgetragen in einer Kirche vor gefühlt 1000 Leuten. Das kann, das schafft nur einer.“
- Thüringer Landeszeitung
„Sein tiefer Bass erklingt und sofort sind die Zuschauer (...) ergriffen. Mit seiner Interpretation des als Jesus-Verräter geschmähten Jüngers begeistert Ben Becker in Hamburg. Und er regt dazu an, das Judas Bild zu überdenken. (...) 1300 Zuschauer in der ausverkauften Hauptkirche Sankt Michaelis (feiern) seine beeindrucke Darstellung am Freitagabend mit stehenden Ovationen.“
- Hamburger Abendblatt
Einer unter Euch wird mich verraten!
Judas, sein Name steht für Verrat. Seine Geschichte ist eine der Schuld ohne Vergebung. Er ist der einzige Feind, für den es keine Liebe gibt, der Meistgehasste, Meistverfolgte und Verteufelte: Judas, der Jünger Jesu, der Gottes Sohn mit seinem Kuss verrät und ans Kreuz liefert. Ben Becker übernimmt seine Rolle. Er begibt sich in den Bannstrahl eines zweitausend Jahre alten Fluchs und verteidigt Judas mit einem Text von Walter Jens, nach dem nichts mehr ist, wie es schien.
Der Fall Judas muss neu aufgerollt werden. Eine Geschichte wurde überliefert, ein Urteil gefällt, ein Sündenbock gebrandmarkt für die Ewigkeit. Doch die Geschichte stimmt so nicht, das Urteil ist falsch. „Was war denn zu verraten“, fragt Judas in seiner Verteidigungsrede, „ Jesus‘ Aufenthaltsort? Den kannten Tausende. Sein großes Geheimnis, dass er Gottes Sohn sei? Das hat er selbst gesagt, vor allen Leuten!“ Und das ist nur der Anfang von vielen Unstimmigkeiten einer Geschichte, die mehr geglaubt als befragt wurde.
Das Bild von Judas, dem Verräter, ist ein Vorurteil mit den fatalsten Folgen: Antisemitismus, Judenverfolgung, Glaubens-kriege. Ben Becker erhebt seine Stimme für einen, der auserwählt war, den Anti-Christen zu spielen, um Jesus zum Messias zu machen. „Judas ist nichts ohne Jesus … Aber Jesus ist auch nichts ohne Judas“, so die radikale Erkenntnis von Walter Jens, der in seinem Judas-Monolog die moralischen Gewissheiten jahrtausenderlanger Frömmigkeit erschüttert. Eine gigantische Aufgabe für einen Schauspieler: Hier steht einer auf gegen alle in einem verzweifelten Kampf um späte Gerechtigkeit. „Ich, Judas“ ist das existentielle Plädoyer für einen Verdammten, die Korrektur des größten Fehlurteils der Glaubensgeschichte und der Widerruf eines Irrtums, der die Welt gespalten hat.
Es gibt nur wenige Schauspieler, die der Originalerzählung von Francis Ford Coppolas filmischen Meisterwerk „Apokalypse Now“ eine Stimme geben können – und Ben Becker ist ohne Zweifel die Idealbesetzung, scheint er doch von der Reise ins Herz der Finsternis mehr als jeder andere zu wissen. Becker erzählt die Geschichte des englischen Kapitäns Marlow, der auf dem Dampfer einer belgischen Handelsgesellschaft im Kongo anheuert. Seine Mission: den schwarzen Fluss hinaufzufahren, ins Herz des afrikanischen Kontinents, wo ein Handelsagent namens Kurtz sich ein eigenes Reich geschaffen hat, in dem er Gott spielt. Diesen Mann soll Marlow finden und in die Zivilisation zurückbringen, doch stattdessen zieht ihn Kurtz immer tiefer hinein in das Grauen ...
„…Kein Theater, äußerste Konzentration. (Ein Tisch, ein Stuhl, eine Videokamera. Und) … ein irrer Sog hinein in die Dunkelheit menschlicher Existenz. Als hielte Becker dem Zuschauer einen grässlich wahren Spiegel vor. Doch „Apokalypse“ zerschlägt am Ende die Fratze in Stücke.“
– Süddeutsche Zeitung
„Ein Mann, viele Gefühle. Ein stimmgewaltig bebender Ben Becker reist (im gut gefüllten Prinzregententheater) in Joseph Conrads „Herz der Finsternis“
– Abendzeitung München
„Von der ersten bis zur allerletzten Minute sitzt das Publikum still, gefesselt von der Aura dieses für eruptive Exzesse bekannten Darstellers. Greifbar scheint die bisweilen kaum aushaltbare Erwartungshaltung, was wohl als Nächstes geschehen mag, im Text, auf der Bühne – sowie im eigenen Selbst.“
– Oberhessische Presse
„Der Mann hat eine beeindruckende Stimme. Sonor, kehlig, ein bisschen müde. Ben Becker ist ein Märchenerzähler, der weiß, dass das Erzählte wenig Märchenhaftes hat… Es ist ein Genuss, ihm beim Vorlesen zuzuhören, auch jetzt, bei „Apokalypse“ einer Lesung aus Joseph Conrads 1899 erschienener Erzählung „Herz der Finsternis“…“
– Hamburger Abendblatt
„Ben Becker brilliert als verzweifelt-irrer Kaiser Caligula im St. Pauli Theater. Ein intensives, unbedingt sehenswertes Stück.“
- Hamburger Abendblatt
„Ben Becker, der stimmgewaltig die Aufführung dominiert, überzeugt als gebrochener Tyrann. Die Inszenierung verzichtet auf Effekthascherei durch Kunstblut. Die Regisseure lassen den Text wirken. Die Gedanken an aktuelles Weltgeschehen kommen ganz von allein.“
- DER STANDARD Wien
„... wie Ben Becker in der Titelrolle auf der Bühne steht, ist das fast beschämend unterhaltsam, so ähnlich, als ob Peter Ustinov als Nero das brennende Rom besingt.“
- Bayerischer Rundfunk
„Er allein ist die Aufführung, die anderen sind Gäste in seinem Reich.“
- Süddeutsche Zeitung
„Ben Beckers schauspielerische Leistung war eine Offenbarung. Eine Offenbarung dessen, was in diesem Genre machbar ist. Damit legt er die Messlatte für alle Kollegen der Weltbühnen mehr als hoch, denn was Becker zeigte, war kein »Spiel«. Es war echt, war in genau diesem Moment erlebt, gelebt, entstanden und tief empfunden, sodass sich das dem Alltag entrückte Publikum als Zeuge der hoch dramatischen Ereignisse fühlen musste und sich mit Haut und Haar dem empathischen Sog hingab.“
- Traunsteiner Tagblatt
Er schickte ehrbare Frauen ins Bordell und Kaufleute zum Scharfrichter: Der römische Kaiser Gaius Caesar Germanicus war rücksichtslos, brutal und sadistisch. Aber was ist das für eine Welt, in der dieser Caligula noch der Normalste von allen ist, so fragt der französische Dichter Albert Camus: Schließlich kosten alle Gräueltaten des irren Kaisers bei weitem nicht so viele Tote wie der Krieg eines sogenannten vernünftigen Herrschers.
In Camus Version in den 40er Jahren unter dem Eindruck des 2.Weltkriegs entstanden, und von John von Düffel und Marike Moiteaux in ihrer konzentrierten Fassung nochmal einmal verschärft treibt die Sehnsucht nach dem Amoralischen diesen tyrannischen Herrscher an. Caligula ist die Tragödie maßlosen Machtwillens. Caligula ist kein brutaler Despot, sondern ein raffinierter, intellektueller Verbrecher, der seine Untertanen immer weiter treibt, wie in einem Experiment, um zu prüfen, was sie alles erdulden. Als er endlich unter den Dolchen der Verschwörer zusammenbricht, sind seine letzten Worte: „Ich lebe. Ich lebe.“ – Eine indirekte Aufforderung, dass die Verpflichtung zum Widerstand nie erlischt.
Am Landestheater Salzburg (Premiere: 02.09.2018) wurde der starke, pausenlose neunzig Minuten kurze Abend umjubelt. Jetzt ist er endlich auch in Hamburg und Berlin zu sehen.